Heilsame Botschaften für Trennungs- und Scheidungskinder

Trennungs- und Scheidungskinder werden oft von folgenden Gefühlszuständen bewegt:

Verlustangst: Wenn einer geht, könnte der andere Elternteil auch gehen.
Trauer: Ich vermisse Papa (die Mama) im Alltag
Kränkung des Selbstwertgefühls: Was ist an mir schlecht, falsch, böse oder dumm, dass der Papa (die Mama) nicht bei mir bleibt? Bin ich eigentlich ein Kind der Liebe?
Wut: Warum hören die nicht auf zu streiten? Warum schafft es Mama nicht, sich wieder mit Papa zu versöhnen (oder umgekehrt)?
Scham: Warum habe ich Eltern, die auseinander gehen, sich streiten, böse aufeinander sind? Ich habe keine Antwort, am besten rede ich nicht darüber!
Eifersucht: Hat Papa (Mama) die neue Freundin (den neuen Freund), die Stieftochter/den Stiefsohn viel lieber als mich? Mit der/dem ist er/sie doch viel öfter zusammen!

Oft verfolgen Trennungs- und Scheidungskinder für lange Zeit den Versuch, die Eltern wieder zu versöhnen. Selbst dann, wenn die Eltern schon wieder neu verheiratet sind, machen sie sich Gedanken, wie alle zusammen in einem Haus leben könnten, würden dafür ihr eigenes Zimmer opfern und planen im Stillen elterliche Versöhnungschancen.

Durchschnittlich leiden Jungen stärker und länger an einer Trennung, weil meistens der Vater als männliches Entwicklungsvorbild gegangen ist und umso deutlicher fehlt. Emotional hoch belastete und manchmal traumatisierende Erlebnisse geschehen oft beim Wechsel von Mutter zum Vater oder umgekehrt.

 

Was brauchen Eltern in dieser Situation?

Eltern haben tief verankerte Sehnsüchte und Wertvorstellungen, wie sie Familie leben und gestalten wollen. Diese wurzeln oft in den Erfahrungen aus der eigenen Herkunftsfamilie, wie dort mit Streit und Versöhnung, Trennung oder Scheidung umgegangen wurde. Überzufällig häufig, haben Scheidungspartner selbst Eltern, die sich getrennt haben oder geschieden wurden.

Daher ist aus meiner Sicht in der Trennungs- und Scheidungsberatung auch Einzelarbeit mit den erwachsenen Trennungspartnern notwendig. Diese geschieht oft mit Hilfe der Genogramm-Arbeit, in der deutlich wird, welche verlorenen und abgewerteten Eltern-/und Großelternteile in der eigenen Kindheitsgeschichte vorhanden sind.
Dann kann man mit Wertschätzung und Empathie folgendes äußern:
"Ach, bei Ihnen als Kind war das ähnlich wie jetzt. Was mussten Sie damals wohl alles an seelischer Tapferkeit erbringen? Wie haben Sie alles verarbeitet?

Um das innere Kind im erwachsenen Elternteil zu erreichen, braucht es Anerkennung für die erbrachte seelische Leistung: "Das hat Sie bestimmt eine Menge gekostet. Und Sie haben manches lernen und auf manches verzichten müssen. Vielleicht haben Sie auch Schlussfolgerungen für Ihr späteres Leben daraus gezogen, wie Sie einmal Familie wollten?"

Aus der Entdeckung der elterlichen Leistungsfähigkeit als Kind kann man dann auch fragen: "Was wünschen Sie sich jetzt für Ihr Kind?" Ebenso kann man mit der Genogramm-Arbeit ein tieferes Verständnis für die Konflikt- und Verhaltensmuster des getrennten Partners wecken.

 

Was brauchen nun betroffene Trennungs- und Scheidungskinder?

Erstmal mögen sie kein Mitleid und wollen auch nicht die Opferrolle übernehmen. Sie mögen auch nicht von Psychologen oder sonst jemandem ausgefragt werden, wie es ihnen mit der Trennung oder Scheidung denn so ginge. Das bringt bei ihnen schmerzliche Gefühle von erlebter Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein ins Bewusstsein. Sie wehren das ab. Daher muss man oft elterliche Wünsche an den Erziehungsberater enttäuschen, die da lauten: "Reden sie mit ihm/ihr, Sie als Fachmann bringen doch mehr aus ihm/ihr heraus."

Trennungs- und Scheidungskinder brauchen vor allem 3 Dinge:

  1. Sie brauchen Wertschätzung für ihre besondere seelische Tapferkeit, die sie im Trennungs- und Scheidungsgeschehen erbringen mussten.
  2. Sie brauchen eine optimistische Zukunftsperspektive, dass es in der neuen Situation gut gehen wird und es Vorteile für alle geben wird.
  3. Sie brauchen Ausdrucksmöglichkeiten für ihre innere Ambivalenz und ihre doppelte Loyalität gegenüber beiden Elternteilen.

 

Wie kann man auch hypnotherapeutische Hilfestellung geben?

Es gibt einige gute Bilderbücher (z.B. "Papa wohnt jetzt in der Heinrichstraße"), die ich Kindern vorlese oder zusammenfassend erzähle. Das tue ich gern auch in der Anwesenheit der Eltern, um diesen die ganz andere seelische Verfassung ihrer Kinder deutlich zu machen. 

Ein sehr schönes bildhaftes Gleichnis ist die Schildkröten-Geschichte, in der eine Wasserschildkröte und eine Landschildkröte zusammen Schildkrötenkinder haben, aber ganz unterschiedliche Lebensinteressen und Gewohnheiten. Diese führen schließlich zur Trennung der Eltern, die Schildkrötenkinder können aber leben wo sie wollen, sowohl im Meer wie an Land und die Vorteile von beiden genießen (sie haben ein Mama-Zuhause und ein Papa-Zuhause).

Das Familienbrett mit großen und kleinen, bunten und eckigen Holzfiguren ermöglicht Kindern den einfachen Ausdruck innerer Wünsche und Bedürfnisse. Die Leitfragen dabei sind: "Stell für jeden aus deiner Familie ein Holzklötzchen auf, so wie es momentan ist."
Die Kinder fragen dann oft: "den Papa auch?", was ich nickend bestätige.
Danach folgt die Wunschfrage: "Wie wünscht du es dir, dass es in der Familie sein soll?".
Oft stellen sich die betroffenen Kinder dann in die Mitte zwischen beide Elternteile und diese viel näher zusammen, auch wenn ein Elternteil vom anderen sehr abgewertet wird oder ganz verloren gegangen ist.
Der anwesende Elternteil ist oft sehr erstaunt und betroffen. Da es aber keine verbale Mitteilung des Kindes ist und eine erwartungsvolle, gespannte Atmosphäre im Raum herrscht, werden die Handlungen des Kindes in der Regel nicht als verletzend erlebt. Die entstehende Atmosphäre hat für mich oft hypnotische Qualität: der anwesende Elternteil ist konfusioniert ohne verletzt zu werden, die Kinder drücken in der spielerischen Handlung aus, was sie mit Worten nicht können.
Hilfreich ist es, die Figuren zum Gesprächsabschluss nicht aufzuräumen, sondern sie symbolisch stehen zu lassen. Das aufgenommene Beziehungsbild kann so in der Psyche der Betroffenen besser weiter wirken.

Arbeit mit Ritualen und rituellen Sätzen:
Gegen die kindliche Verlustangst lade ich Elternteile oft ein, zusammen mit dem Kind aufzustehen, sich gegenseitig in die Augen zu schauen und lasse den Elternteil nachsprechen: "Ich verspreche dir, für dich zu sorgen, bis du groß und selbständig bist!"
Dies lasse ich noch mit Handschlag besiegeln.
Erlösend ist es für das Kind auch, wenn der Elternteil sagen kann: "Du darfst den Papa (die Mama) lieb haben."
Ausgesprochen schwer, aber sehr heilsam ist die Aussage:
"Du darfst werden wie der Papa" (bei Jungs) / "wie die Mama" (bei Mädchen). Dies ist auch eine paradoxe Intervention, weil oft das Kind dann später sagt, es wolle gar nicht so werden, wie es ihm erlaubt wurde.
Versöhnlich auch zum Abschluss eines Mediationsprozesses, in dem beide Elternteile beteiligt sind, ist die gemeinsame Aussage von beiden Eltern, notfalls auch von einem allein: "du darfst das Beste von uns beiden - von Papa und Mama - für dich übernehmen."
All diese Sätze gewinnen an emotionaler Bedeutung und Kraft, wenn sie im Stehen, mit Blickkontakt und Handschlag gesagt und besiegelt werden.

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